Es gibt haufenweise Hinweise im Werk, die auf Einflüsse deuten, dass nicht Woyzeck alleine am Mord schuldig ist. Deshalb fragen wir uns, ob Woyzeck wirklich der Täter oder möglicherweise sogar ein Opfer ist. Beeinflusst ihn sein Umfeld zu dieser Tat oder ist er wirklich psychisch gestört?
Unklar im Drama erscheinen oft die Lieder, die Marie ihrem Jungen, Christian vorsingt. Auf Seite 10 singt sie beispielsweise von ihrer Trauer. Sie sieht sich selber als «Hure dieser Zeit» und denkt, dass ihr niemand etwas gönnt, was man im Zitat «Gibt mir kein Mensch nix dazu» gut erkennen kann. Auf der Seite 14 singt sie erneut etwas zu ihrem Kind. Dieses Mal handelt es sich um die Affäre von Marie und dem Tambourmajor. Sie singt, dass sie von ihm in ein fernes Land, möglicherweise das Land der Liebe, gebracht wird und ihr Sohn soll sich die Augen zuhalten, damit er die Affäre seiner Mutter nicht mit ansieht. Besonders in diesem Buch ist die Wortwahl von Marie selber. Wie schon oben erwähnt, sieht sie sich selber als «Hure» und hat ein niedriges Selbstwertgefühl. Der Tambourmajor gibt ihr möglicherweise das Gefühl von Wertschätzung. Die Ohrringe, die Marie von ihm erhält und Woyzeck auf Seite 14 sieht, könnten dafür stehen, dass ihr Liebhaber mehr Geld verfügt, als es ihr Verlobter tut. Auch dass er stärker als ihr Zukünftiger ist, sieht man am Satz «Er steht auf seinen Füssen wie ein Löw.», auf Seite 10. Sie entfremdet sich immer mehr von Woyzeck. Allgemein verwendet Georg Büchner viele Ausdrücke, die mit Tieren in Verbindung gebracht werden. So auf Seite 12 wird Bezug auf einen Affen, Pferd und Canaillevogel genommen, welche die groteske Vorstellung dieser zirkusartigen Präsentation wiedergeben sollen. Zu Beginn des Dramas kann man sehen, dass Woyzeck an einer psychischen Störung leidet (S. 9). Er hört Stimmen der Freimaurer und wird dadurch sehr verängstigt. Er ist immer sehr gehetzt, was auch anderen Figuren auffällt, so der Hauptmann auf Seite 17. Er konzentriert sich jedoch auf seine eigene Welt, bis es eines Tages zu weit geht und er seinen Zorn nicht mehr im Zaun halten kann und seine Frau ersticht. |
Das Drama Woyzeck wurde von Georg Büchner geschrieben und erschien im Jahre 1879. Es handelt sich hier um eine Tragödie, welche eine historische Person als Vorbild hat von einem Soldaten, der seine Frau aus Eifersucht ermordet hat, weil sie ihn betrogen hatte. Die Wirkungsabsicht ist die Hinterfragung der Gesellschaft und deren Sitten, sowie Moral zu dieser Zeit.
Der Soldat, Franz Woyzeck, gehört mit seiner Verlobten, Marie Zickwolf, und seinem einjährigen Kleinkind, Christian, zu der untersten Schicht der Gesellschaft. Franz muss drei Berufe ausüben, damit er seine Familie ernähren kann. Zu diesen Berufen gehören die regelmässige Rasur von seinem Chef, dem Hauptmann, Soldat und ausserdem nimmt er an Experimenten vom Doktor, die seiner Gesundheit schädigen, teil. Neben dem Stess wird er von seinem Vorgesetzten oft verspotten, weil er ein sogenanntes «Hurenkind» aufzieht. Er leidet an einer Psychose, die ihn Stimmen hören lässt, welche Woyzeck ziemlich verwirren. Sein einziger Freund, Andres und seine Frau, Marie geben ihm den Halt, den er benötigt. Als er jedoch erfährt, dass ihn seine Verlobte mit dem Tambourmajor betrügt, platzt ihm der Kragen und er ersticht kaltblütig seine geliebte Marie.
Georg Büchner wollte mit diesem Text nicht auf ein absurdes Drama wie jedes andere deuten, sondern er wollte Mitleid für die Opfer erzeugen, sowie auch die Empörung gegenüber den Tätern. Wer nun das Opfer und wer der Täter ist, kann das Publikum alleine für sich entscheiden. Der Fakt, dass Marie zu dieser Zeit als Dirne angesehen wird, ist für beide, sie und Woyzeck sicherlich sehr belastend. Dies ist eine Tatsache, die bestimmt auch einen Einfluss darauf hat, dass Woyzeck vom Hauptmann, auf Seite 22 und 23, verspottet wird. Dass der arme Woyzeck drei Berufe ausüben muss und trotzdem noch Existenzängste hat, bewirkt vermutlich auch relativ viel Stress. Einer der Berufen, ist wie oben erwähnt, die Teilnahme an Experimenten des Doktors. Momentan isst er nur Erbsen. Dadurch weist er viele Krankheitssymptome auf, wie beispielsweise Blässe in seinem Gesicht (S.22) oder das schlechte Zurückhalten des Urins (S.19). Hinzu kommt noch, dass sich seine Frau von ihm wahrscheinlich zu wenig geliebt und geborgen fühlt und sich lieber mit einer reicheren und stärkeren Major vergnügt (s.17/18). Der Doktor stellt bei Woyzeck auf Seite 20 mit dem Satz «Woyzeck er hat die schönste Aberratio mentalis partialis, der zweiten Species, sehr ausgeprägt, Woyzeck er kriegt Zulage.», eine partielle geistige Verwirrung fest.
Unserer Meinung nach ist nicht unbedingt Marie das Opfer, sondern Woyzeck. Er ist das Opfer der Gesellschaft. Durch Mobbing, Betrug, psychischen Krankheiten, Krankheitssymptomen und Dauerstress, sowie Ängsten hat er sich zu einer solchen Person entwickelt. Ein Gedanke von uns war, dass die Stimmen im Kopf von Woyzeck ihm womöglich befohlen haben sollen, das Leben seiner Verlobten zu beenden. Diese Frage lassen wir aber für die Leser offen ;-). |